Anna-Lena Wenzel

Dr. Anna-Lena Wenzel* ist Autorin und Künstlerin. Nach ihrem Studium der Angewandten Kulturwissenschaften in Lüneburg promovierte sie über „Grenzüberschreitungen in der Gegenwartskunst“. Sie betreibt das Online-Magazin 99 % Urban und den Radiosalon für Alltägliches und ist in unterschiedlichen kollektiven Zusammenhängen unterwegs.

„Diese Arbeit ist unsagbar wertvoll!“

21.03.2024
Videoarbeit »Lip Service« (2023) von Ania Nowak und Athena Lange im Rahmen der Ausstellung “Ill Delights” in der Galerie Wedding. Sie konfrontieren darin das hörende Publikum mit der Arbeit des Lippenlesens. Foto: Juan Saez
Videoarbeit »Lip Service« (2023) von Ania Nowak und Athena Lange im Rahmen der Ausstellung “Ill Delights” in der Galerie Wedding. Sie konfrontieren darin das hörende Publikum mit der Arbeit des Lippenlesens. Foto: Juan Saez

Im Gespräch mit Martin Vahemäe-Zierold, Beauftragte Person für Queer und Antidiskriminierung im Bezirk Mitte. Die Unterhaltung wird von zwei Gebärdendolmetscherinnen übersetzt.

ALW: Ich würde gerne mit einer persönlichen Frage anfangen. Wie sind Sie in die Verwaltung gekommen?

MVZ: Meinen Sie diesen Arbeitsplatz? Ich habe vorher ein Jahr in der Landesstelle für Gleichbehandlung – gegen Diskriminierung (LADS) gearbeitet, die bei der Senatsverwaltung für Arbeit, Soziales, Gleichstellung, Integration, Vielfalt und Antidiskriminierung, wie sie seit 2023 heißt, angesiedelt ist. Da ging es vor allem um Antidiskriminierungsarbeit gegenüber Menschen mit Behinderung. Wie kann Diskriminierung da eingeschränkt werden? Das war allerdings projektbezogene Arbeit, das heißt es war eine befristete Anstellung. Als es diese Ausschreibung für eine Beauftragte Person für Antidiskriminierung und Queer vom Bezirksamt Mitte gab, habe ich mich beworben und wurde zum Vorstellungsgespräch eingeladen. Die Stelle wurde neu geschaffen, die gab es vorher nicht. Ich habe viele Erfahrungen mitnehmen können, denn ich war von 2011 bis 2016 in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) in Mitte politisch aktiv. Ich bin also quasi zurückgekommen, als ich im August 2022 meine Stelle angetreten habe, wobei ich meine Stelle dem Landesantidiskriminierungsgesetz verdanke! Das wurde 2020 beschlossen, woraufhin die BVV einen Antrag gestellt hat. Wobei es zwei Jahre gedauert hat – vom Verabschieden des Gesetzes bis zur Schaffung der Stelle.

Durch meinen persönlichen Hintergrund und meine Aktivitäten in den queeren Communities hatte ich ein gutes Bild vom Bezirk und kannte viele Netzwerke.

ALW: Ich höre raus, dass es bei Ihnen Überschneidungen zwischen dem Beruflichen und dem Privaten gibt. Ist das etwas, was sie vorteilhaft finden für Ihren Beruf oder ist es etwas, was auch belastend sein kann?

MVZ: Natürlich ist es ein Vorteil, wenn man als beauftragte Person selber Diskriminierungserfahrungen gemacht hat und daher weiß, an wen man sich da wenden muss. Aber ich versuche das auch zu trennen.

ALW: Was genau umfasst Ihr Aufgabenbereich?

MVZ: Es gibt zwei Themengebiete und zwei Zuständigkeitsbereiche: der eine ist die Beauftragung für queere Lebensweisen, das andere ist die Antidiskriminierung, wo ich unter anderem für den Bezirk Mitte eine Beschwerdestelle aufgebaut habe, wo Personen, die sich vom Sozial- oder anderen Ämtern diskriminiert fühlen oder bei denen eine Diskriminierung im Raum steht, an mich wenden können. Das ist ganz tolle Arbeit, das macht mir sehr viel Spaß hier.

ALW: Wie würden Sie ihre Arbeit beschreiben – ist es eine die eher nach innen in die Verwaltung oder nach außen zu den Bürger*innen geht?

MVZ: Ich wirke in beide Richtungen. Im Bereich Queer geht darum, die Queerfreundlichkeit zu erhöhen, mehr Wohlbefinden für alle. Wobei es nicht nur um das Bezirksamt Mitte geht, sondern auch um bezirksübergreifende Verwaltungsstrukturen, in denen wir mit- und in die wir einwirken. Hinzu kommt die Wirkung nach außen mit Projekten in ganz verschiedenen Bereichen. Dazu gehört das Erschließen von Finanzierungsmöglichkeiten, die Unterstützung von Veranstaltungen wie dem CSD oder die Organisation von Flaggenhissungen. Letztes Jahr haben sich ca. 50 betroffene Personen, Stiftungen und Vereine hier vor dem Rathaus getroffen und gemeinsam die Flagge gehisst! Als Anti-Diskriminierungsbeauftragte Person geht es auch viel um die Wirkung nach außen. Da geht es um Bürger*innen, die von Diskriminierung betroffen sind, also um beschwerdeführende Personen, denen ich hier als Ansprechperson zur Seite stehe.

Artist Talk in der Galerie Wedding mit den Künstlerinnen Ania Nowak und Athena Lange, Martin Vahemäe-Zierold, der Journalistin Caren Miesenberger und Kuratorin Maja Smoszna. Foto: Cleo Wächter.

ALW: Können Sie ein Beispiel nennen, was Sie in den letzten Monaten besonders beschäftigt hat?

MVZ: Der Aktionsplan – der wurde im Dezember 2023 abgestimmt und ist seitdem auf der Homepage der LADG zu finden. Es gab vorher keine gesetzliche Grundlage für dieses Tätigkeitsfeld und mit diesem Aktionsplan haben wir das nachgereicht. Jetzt gibt es zumindest Empfehlungen und einen Maßnahmenkatalog, wo Angebote für die verschiedenen queeren Communities in den Bezirken nachjustiert werden können. Es sind über 300 Maßnahmen, mit denen diskriminierenden Taten ein Riegel vorgeschoben werden soll. Es gibt Strafen und Maßnahmen zur Hand, wenn Menschen in der Öffentlichkeit angegangen werden, so dass sich das nicht einfach immer fortsetzt. Die heikle Frage ist, wie schnell interveniert werden kann.

Die Hoffnung ist, in Zukunft noch weitere gesetzliche Grundlagen zu haben, aber auch Maßnahmen in die Wege zu leiten, um bestimmte, bereits genutzte Bereiche noch genauer zu fördern.

ALW: Können Sie etwas mehr über die Strukturen auf Senats- und Bezirksebene erzählen?

MVZ: Im Juli 2023 wurde die Landesbeauftragte Person für queere Angelegenheiten, Alfonso Pantisano, berufen. Diese Stelle gab es noch nicht, als ich angefangen habe. Das ist die Landesebene über die LADS, dort gibt es verschiedene Abteilungen und Referate. In den Bezirken gibt es nur vier Beauftragte Personen: in Schöneberg, Lichtenberg, Marzahn-Hellersdorf und in Mitte. Es sollen aber noch mehr werden. Gut ist, dass wir regelmäßige Treffen haben, ungefähr einmal im Monat.

[Beim Dolmetschen passiert es immer wieder, dass nicht nur das gesprochene Wort, sondern auch der Ton mitgedolmetscht wird. So sprechen die Dolmetscherinnen mitunter besonders nachdrücklich oder flechten einen ironischen Ton ein.]

ALW: Wenn ich Ihnen zuhöre, dann spüre ich ein großes Engagement und eine richtige Anteilnahme an den Themen, die sie hier bewegen. Mein Gefühl ist, dass es eine aktivistische Haltung gibt und ich frage mich, wie die zusammen geht mit den Verwaltungsgeschwindigkeiten.

MVZ: Ja, das ist gut beobachtet, aber rückblickend würde ich sagen, ließ sich doch vieles bewegen. Auch in den Bereichen, mit denen ich mich identifiziere und wo ich mich auch selbst als Betroffenen bezeichnen würde. Das macht schon einen Unterschied zu Kolleg*innen, die sich nicht als queer identifizieren. Im Bezirksamt Lichtenberg gibt es eine Person, die sich wie ich stark identifiziert und zur Community zählt und auch ganz viele Veranstaltungen besucht und es fällt auf, dass wir beide eher diese aktivistische Haltung haben. Für meine anderen Kolleg*innen ist es eher eine Stellvertretendenrolle. Sie setzen sich für eine Gruppe ein, der sie sich vielleicht selbst nicht so zugehörig fühlen. Das macht schon einen Unterschied.

[Die Dolmetscherin erinnert ihn an die Frage nach den unterschiedlichen Geschwindigkeiten.]

Wie sich das mit den Mühlen der Verwaltung vereinbaren lässt? Klar, es gibt bestimmte Themen, da stehen einem die Strukturen auch mal im Weg oder verlangsamen Dinge, manchmal sind es auch die Personen. Aber bei anderen, die moderne Strukturen vertreten, lässt sich gemeinsam auch schnell was bewegen. Da ist der Bereich queer sehr dankbar, weil sich ganz viel an den Strukturen tut, und die gar nicht so alt und eingesessen sind, sondern zum Teil sehr frisch im Amt sind, wie die Landesbeauftragte Person. Ein Beispiel: Vor einem Jahr im Winter haben wir das Regenbogennetzwerk der Verwaltung ins Leben gerufen. Das ist senats- und bezirksübergreifend und obwohl wir ganz frisch gegründet sind, haben wir bereits über 200 Mitglieder. Das zeigt, wie viel sich doch bewegt. Den Anstoß gab die LADS und das Geld kam von der Senatsverwaltung für Finanzen. Zusammen ist es gelungen, schnell was auf die Beine zu stellen. Es sind alle in der Berliner Verwaltung herzlich eingeladen, die queer leben und in der Verwaltung arbeiten, vorbeizukommen. Das ist vielleicht eine Stunde im Monat und gilt als Arbeitszeit.

ALW: Ich versuche mir gerade vorzustellen, wie das in ihrem Arbeitsalltag aussieht. Zum Beispiel hatte ich in ihrer Signatur gelesen, dass Sie kein Pronomen verwenden, da taucht ganz konkret die Frage auf, wie Sie angesprochen werden möchten.

MVZ: Es ist sehr unterschiedlich, wie damit umgegangen wird. Ich präferiere geschlechtsneutrale Anreden und mag es nicht, wenn mich jemand mit „Herr“ anschreibt. Es gibt einige Personen, die sich dessen sehr bewusst sind und „Hallo Martin“ schreiben und sagen. Auch beim Duzen fällt das Pronomen weg, das ist dann einfacher. Ich habe das Gefühl, dass Leute da immer sensibler für werden, aber es gibt auch Personen, die da sehr unbedarft sind und kein Interesse haben, neues zu lernen. Während ich das am Anfang immer wieder thematisiert und gesagt habe, ich wünsche mir eine neutrale Anrede, merke ich langsam, dass ich da nicht mehr so Lust drauf habe.

[Ich schaue in unserem E-Mailverkehr nach und stelle fest, dass ich ebenfalls auf die klassische Ansprache zurückgegriffen habe, obwohl ich mir eine gewisse Sensibilität für das Thema attestiert hätte. Ich habe die Person mit dem Vornamen Martin sofort als männlich gelesen und schäme mich nun dafür, nicht aufmerksamer gewesen zu sein und den Hinweis „Anrede: Guten Tag Martin Vahemäe-Zierold“ in der Signatur übersehen zu haben. In Zukunft nehme ich mir vor, genauer darauf zu achten, was für ein Pronomen angegeben wird.]

ALW: Würden Sie sich als non-binär bezeichnen?

MVZ: Hm, ob nun non-binär oder nicht. Es geht eher darum, ein politisches Statement zu geben. Ich bin mit Gebärdensprache groß geworden, das ist meine Erstsprache und in der Gebärdensprache gibt es kein Pronomen, es gibt einen Zeigefinger und den richtet man auf sich oder andere und sagt „ich“ oder „die Person da“. Diese Ausführung ist neutral. Das andere ist, dass ich finde, dass Personen durch Personalpronomen ausgeschlossen werden, Transpersonen zum Beispiel. Ich möchte da auch ein solidarisches Statement setzen und neutral angesprochen werden, um zu zeigen, andere Personen sollen mitgedacht werden. Wie ich gelesen werde, ist noch etwas anderes. Jede Person soll mich so lesen, wie sie es tut. Ich möchte das nicht immer vorschreiben. Ich sehe mich als Menschen und ich sehe auch andere als Menschen.

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In der Videoarbeit kommunizieren die hörende Performerin Ania Nowak und die taube Performerin Athena Lange unter Einbezug der Bildsprache des Stummfilms. Foto: Juan Saez
Ania Nowak & Friends, Ill Delights, Galerie Wedding, Photo: Juan Saez
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Foto: Juan Saez
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Foto: Juan Saez

ALW: Das bedeutet, dass man in Ihrer Situation immer wieder herausgefordert ist, etwas zu erklären oder eine Haltung in den Raum zu stellen. Ich kann verstehen, dass sich das mitunter ermüdend anfühlt.

MVZ: Ich sehe schon, dass Personen, die 20 Jahre alt sind, eine ganz andere Philosophie und Vorstellung haben, als ältere Personen. Auch was das Wort Gender betrifft, das ist ja ein weit gefasster Begriff, der sehr viel umfassen kann und fluide ist. Wir versuchen immer noch Kategorien zu bilden und Sachen voneinander abzugrenzen.

ALW: Ich komme noch mal zurück zu Ihrem Alltag, in dem ihnen auf dem Arbeitsplatz Dolmetschende zur Seite stehen. Wie ist das organisiert?

MVZ: In Deutschland ist es so geregelt, dass das Inklusionsamt, letztlich das Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGESO), über den Nachteilsausgleich die Kosten für das Dolmetschen übernimmt, wenn ich mit einem Arbeitsvertrag angestellt bin. Es ist so, dass andere Firmen, die keine Menschen mit Behinderungen einstellen und eine bestimmte Anzahl von Mitarbeitenden haben, die nicht behindert sind, Abgaben zahlen müssen. Diese fließen in einen bestimmten Topf und über diesen werden die Nachteilsausgleiche finanziert. In meinem Fall ist das eine Arbeitsassistenz, die dolmetscht. Ich stelle also einen Antrag beim Inklusionsamt und ich muss sagen, dass ist in Deutschland sehr gut organisiert, allerdings nur bezogen auf das Arbeitsleben. Im Kultur- und Freizeitbereich gibt es eine große Lücke, weil es gesetzlich nicht ganz abgesichert ist, wer da die Kosten übernimmt.

ALW: Wie lange sind die Dolmetscher*innen immer im Einsatz?

MVZ: Sechs Stunden täglich, wobei ich das flexibel schieben kann, manchmal sind das auch weniger Stunden. Es ist ein festes Team von insgesamt sechs Teammitgliedern, die sich abwechseln.

ALW: Die begleiten Sie dann auch zu Sitzungen etc.?

MVZ: Ja. Sie begleiten mich bei meinen dienstlichen Verpflichtungen – auch außer Haus. Da fällt mir nachträglich noch etwas zur Antidiskriminierungsarbeit ein. Derzeit wird ein Strategiepapier für Vielfalt und Antidiskriminierung für den Bezirk Mitte entwickelt. Das ist ein großes Projekt. Es geht darum, sowohl im Bezirksamt Mitte als auch außerhalb des Amtes die Diversity, die es in der Gesellschaft gibt, auch im Amt abzubilden. Dieser Auftrag stammt auch aus der BVV und geht auf einen Antrag der Grünenfraktion zurück. Im LADG – dem Landesantidiskriminierungsgesetz – ist in § 11 und § 12 ganz klar festgehalten, dass die Förderung der Anerkennung und Wertschätzung von Vielfalt verankert werden muss. Darauf gilt es in den öffentlichen Einrichtungen hinzuwirken. Es zeichnet sich ab, dass sich diskriminierende Taten mehren und deswegen muss mit Maßnahmen dagegengewirkt werden. 

ALW: Ich frage mich manchmal, ob es tatsächlich mehr wird, oder ob die Sensibilisierung zunimmt?

MVZ: Ich glaube, das ist sehr unterschiedlich. Vieles war vorher versteckt, und es gab eine hohe Dunkelziffer, das stimmt schon. Leider ist die Verwaltung noch nicht so divers aufgestellt, wie sie sein sollte, so dass es auch hier viele Diskriminierungsvorfälle gibt. Da müssen wir sensibler werden und können nicht warten, bis Menschen in die Pension gehen. Ich bekomme es zum Beispiel über die AG Vielfalt mit, die sich alle zwei Monate hier in Mitte trifft, da öffnen sich viele Betroffene und berichten von Vorfällen, wo der Umgang untereinander nicht in Ordnung ist oder sogar gegen Vorschriften verstößt. Hier kann ich direkt beobachten, dass es mehr und mehr verletzende Äußerungen gibt. Da braucht man langfristige Maßnahmen.

ALW: Ich stelle mir vor, dass es herausfordernd ist, ein Ziel zu verfolgen, das sich nie komplett einlösen wird, denn Rassismus oder Antisemitismus wird man nicht abschaffen. Es ist eher ein stetiger Prozess.

MVZ: Ja, unter anderem ist die Fluktuation innerhalb der Verwaltung ein großes Problem. Es gibt immer wieder Unterbrechungen und wenn neue Personen kommen, muss man wieder bei null anfangen. Nicht alle jungen Leute sind automatisch diskriminierungssensibler. Wir müssen schon bei den Einstellungen darauf achten, dass wir eine gewisse Diversität und Toleranz und Offenheit fördern.

Es gibt gute Pläne, wie man das so strukturieren kann, dass sich die Strukturen verändern und es zum Beispiel klare Ansprechpersonen und Zuständigkeiten gibt, aber das muss Schritt für Schritt wachsen.

ALW: Ich habe das Gefühl, man braucht eine gehörige Portion Idealismus und Geduld für diesen Job.

MVZ: Oh ja. [Lachen] Bis sich da wirklich was ändert … das geht nie von heute auf morgen. Es muss viel gelernt und neues Personal eingestellt werden, das geht Schritt für Schritt. Das Problem ist, dass es nicht genug Ressourcen für die vielen Anfragen gibt. Es kommt auch immer mehr dazu, wobei ich sagen muss, dass das im Bezirksamt Mitte wirklich gut strukturiert ist. Es ist eigentlich sehr klar geregelt, wer die jeweilige Ansprechperson ist und gleichzeitig gibt es mit der AG Vielfalt ein gemeinsames Gremium.

ALW: Ich muss gestehen, dass ich das erste Mal von den Beauftragten für Queer von meiner Mutter gehört habe, die in Hamburg lebt, aber in der NZZ einen Artikel gelesen hatte, in der etwas süffisant darüber berichtet wurde, wofür Berlin Geld ausgibt.

MVZ: Diese Arbeit ist unsagbar wertvoll! Wenn wir uns den Ballungsraum Berlin anschauen und sagen, wir haben 3,8 Millionen Einwohner*innen, dann führen 12 bis 15 % der Menschen in Berlin eine queere Lebensweise. Das sind unglaublich viele. Als ich 2008 nach Berlin gekommen bin, war es schon zu sehen, aber heute ist überall queeres Leben. Die Menschen, die sich als queer identifizieren, brauchen entsprechende Programme, geförderte Projekte und diese Identifikationsmöglichkeiten. Wenn man sich Berlin anschaut, was hier alles an Menschen und Vielfalt zusammenkommt, dann ist ganz klar, dass jeder Bezirk eine Beauftragte Person braucht.

ALW: Ich finde ganz schön, was sie gesagt haben, dass es nicht nur darum geht, Anti-Diskriminierungsarbeit zu leisten, also zu reagieren, sondern Identifikationsmomente zu schaffen, also sichtbar zu machen, dass diese Personen Teil der Verwaltung, Teil der Gesellschaft sind. Und dass man auf der Gesetzgebungsebene dafür kämpfen muss, dass diese Personen gleichgestellt werden.

MVZ: Absolut. Da ist noch einiges zu tun.


Weitere Informationen zur Ausstellung und zum Artist Talk in der Galerie Wedding.

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