Am 9. September 2021 tagte das Preisgericht zum nichtoffenen, einphasigen, anonymen Kunst am Bau-Wettbewerb im Zusammenhang mit einer kompletten Innensanierung der Kinder- und Jugendfreizeiteinrichtung Zille Haus in Berlin-Moabit. Zur Teilnahme an dem Wettbewerb wurden die Künstler:innen Tina Born, Jelena Fuzinato, Idan Hayosh und Anett Lau eingeladen. Unter Vorsitz der Künstlerin Seraphina Lenz diskutierte das Preisgericht umfänglich alle eingereichten künstlerischen Entwürfe und sprach einstimmig eine Realisierungsempfehlung für den Entwurf „ohne Titel (Gravuren)“ der Künstlerin Jelena Fuzinato aus.
Das Zille-Haus in der Rathenower Str. 17 in 10559 Berlin ist eine Kinder- und Jugendfreizeiteinrichtung mit angeschlossenem Theaterbereich, einem Familienzentrum und einem Jugendberatungshaus. In Verbindung mit der Sanierungsmaßnahme lobte das Bezirksamt Mitte von Berlin, Abteilung Weiterbildung, Kultur, Umwelt, Natur, Straßen, Grünflächen/ Fachbereich Kunst, Kultur und Geschichte in Zusammenarbeit mit der Abteilung Schule, Sport & Facility Management/ SE Facility Management sowie der Abteilung Jugend, Familie und Bürgerdienste Jugendamt von Berlin einen nichtoffenen, einphasigen, anonymen Kunstwettbewerb aus. Ziel des Kunstwettbewerbs war es, eine eigenständige und für diesen Gebäudekomplex konzipierte Kunst am Bau zu entwickeln, die sich künstlerisch mit dem Ort und dessen Nutzung auseinandersetzt.
Die Baumaßnahme wird von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen im Rahmen des Programms Soziale Stadt in Höhe von 4,63 Mio. Euro gefördert. Für die Umsetzung der Kunst am Bau stehen insgesamt 20.000,00 Euro zur Verfügung.
Stimmberechtigte Mitglieder des Preisgerichts waren die Künstler:innen Seraphina Lenz, Beatrice Schuett Moumdjian und Ulrich Vogl sowie Marek Marczynski, Mitarbeiter im Zilleklub und Ramona Reiser, Bezirksstadträtin Jugend, Familie und Bürgerdienste im Bezirksamt Mitte von Berlin. Ständig anwesende stellvertretende Fachpreisrichterin war Alona Rodeh. Der Wettbewerb wurde betreut durch die Künstlerin Stefka Ammon.
„o.T. (Gravuren)“ ist eine ortsspezifische Intervention, die auf Interaktion abzielt. Vorgeschlagen werden Gravuren von Zeichnungen der Nutzer:innen, die an geeignete Wand- und Bodenflächen im Innenbereich des Gebäudes mit einer Handgraviermaschine übertragen werden. In Zeichenworkshops für Jugendliche, Familien und Mitarbeiter:innen des Hauses werden unsichtbare Kräfte, die Kommunikation und Gemeinschaft antreiben, thematisiert. Im Fokus steht die offene Fragestellung „Wer sind die Menschen, die das Zille-Haus prägen?“ Die darauf basierenden kaum sichtbaren Gravuren können mittels Frottage (Blatt Papier, das über die Fläche gelegt und mit Stift flächig bezeichnet wird) nachgebildet werden, um neue Bedeutungen im Wechsel der Zeiten zu schaffen. Die Künstlerin stellt sich dabei bewusst in den Hintergrund eines partizipativen Prozesses mit subtiler Formsprache.
„Von hier zu dir“ schlägt eine künstlerische Raumgestaltung durch ein partizipatorisches Kunstprojekt vor. Basierend auf Vornamen, Herkunftsland, Geburtsort und Jahreszahl der Hausnutzer:innen werden Textbilder erstellt, die an Wänden, Säulen und Decken der Foyers im Erdgeschoss sowie im Obergeschoss des Zille-Hauses mit Farbe aufgetragen werden. In zwei Arbeitsgemeinschaften werden die Daten erhoben und ausgewertet. Die Textbilder entstehen durch gespiegelte und gedrehte Umrissformen der Landesnamen, Achsen zur Wiedergabe der entfernten Herkunftsorte sowie durch die Verwendung kyrillischer, arabischer und lateinischer Schrift. Die visualisierte Mischung von Kulturen und Nationalitäten erzeugt eine Ästhetik des Verwoben-Seins, welche Raum für Identifikation bietet.
Ein handelsüblicher Grill für Döner wird mit einem Grillspieß bestückt, der aus in Kunstharz gegossenem Spielzeug besteht. Die Nutzer:innen des Zille-Haus wählen die Spielzeuge aus und schaffen damit eine Art Zeitkapsel, in der die aktuellen Vorlieben konserviert wird. Der Grill als urbaner Treffpunkt – wie ein Lagerfeuer, Brunnen, Markt- oder Kirchenvorplatz – ist Kindern und Jugendlichen in Großstädten bekannt. Als potentielles Verbindungsglied zwischen Kulturen setzt die Skulptur einen spielerischen Akzent im Foyer des Hauses, welcher Besucher:innen als Zeichen in Erinnerung bleiben soll.
Die Skulptur in Form der Buchstaben „E“ und „T“ bildet das lateinische Wort für „und“, ein universell verwendetes Bindeglied in unterschiedlichen Sprachen. Das Kunstobjekt ist das „Et“ bietet eine daran angelehnte vielseitige Verwendung. Neben seiner Funktion als Sitzmobiliar ist es ausdrücklich erwünscht, dass die Nutzer:innen die Holzfläche bekritzeln, taggen, bekleben und auf diese Weise zur Kommunikation und kreativen Beteiligung benutzen.