Kultur Mitte

Die Klosterruine

01.12.2016
Foto: Marlene Burz

Als eines der letzten erhaltenen Zeugnisse der Gründungsgeschichte Berlins gehört die Ruine des ehemaligen Franziskanerklosters zu den wichtigsten Baudenkmälern der Stadt Berlin, die öffentlich zugänglich und kulturell genutzt werden.

Inmit­ten ein­er Stadt, die in ihrem his­torischen Zen­trum über die Jahrhun­derte gravieren­de Verän­derun­gen verze­ich­nen musste, gilt der Baukör­per der Ruine der Klosterkirche als her­aus­ra­gen­der Ori­en­tierungspunkt in der Berlin­er Stadtar­chitek­tur. Kurz vor dem Ende des 2. Weltkrieges wur­de die Kloster­an­lage durch Luftan­grif­fe weit­ge­hend beschädigt und zer­stört. Die verbliebe­nen Gebäud­er­este des Klosters wur­den bis in die 1960er-Jahre gesichert und später im Zuge der Erweiterung der Gruner­straße abge­tra­gen. Auss­chließlich die baulichen Über­reste der Klosterkirche wur­den von der DDR als Mah­n­mal gegen den 2. Weltkrieg erhal­ten und in den 1980er-Jahren im Rah­men der 750-Jahrfeier Berlins restau­ri­ert und somit vor dem schnel­len Zer­fall bewahrt.

Eine umfan­gre­iche Sanierung der mit­te­lal­ter­lichen Gebäudesub­stanz erfol­gte in den Jahren 2002 bis 2004 aus Mit­teln der Deutschen Klassen­lot­terie Berlin. Jet­zt erhält die Ruine der Klosterkirche mit dem aktuel­len Bebau­ungs­plan, der im Bere­ich rund um das Kloster­viertel und den Molken­markt an his­torische Grun­dris­se von Berlin anknüpfen will, wieder eine viel­beachtete stadträum­liche Bedeu­tung. Die archäol­o­gis­che Sondierung der his­torischen Kloster­an­lage hat gut erhal­tene Fun­da­mente des Kreuz­ganges und Kapitel­haus­es an der Nord­wand der Ruine ent­deckt, die Berlin­er Stadt­geschichte ein­drück­lich machen.

Wie diese baulichen Über­reste dauer­haft sicht­bar gemacht und für öffentlich­es Pub­likum anschaulich ver­mit­telt wer­den sol­len, nimmt einen wichti­gen Teil der Werk­stattphase ein, die gegen­wär­tig als eine Art eine „Denkmal­sakademie auf Zeit“ entwick­elt wird. Mit der Ausstel­lungsrei­he [state­ment & dia­logue] wer­den in der Kirchen­ruine des mit­te­lal­ter­lichen Klosters aus­gewählte, site-spez­i­fis­che Arbeit­en gezeigt, die sich mit den Mit­teln der zeit­genös­sis­chen Kun­st zu diesem einzi­gar­ti­gen Bau­denkmal Berlins, dessen beson­der­er Architek­tur und Geschichte auseinan­der­set­zen.

Ausstellungsreihe – Die Ruine der Klosterkirche
[statement & dialogue]

Der Luxemburger Künstler Luc Wolff hat in der Ruine der Klosterkirche eine raumgreifende Baustelle eingerichtet. Die in Berlin lebende Künstlerin Patrica Detmering zeigt eine Videoinstallation in den verbliebenen Innenräumen der Kirche und dehnt diese räumlich bis auf die andere Seite der Erdkugel aus.

Die Bildenden Künstler*innen Luc Wolff und Patricia Detmering machen auf Einladung des Fachbereichs Kunst und Kultur, kuratiert von Dr. Ute Müller-Tischler und Sebastian Häger, den Auftakt für eine Reihe von zetigenössichen Positionen in der Ruine der Franziskaner Klosterkirche. Die Ausstellungsreihe DIE RUINE DER KLOSTERKIRCHE [statement & dialogue] zeigt künstlerische Reflexionen über das Kulturdenkmal aus dem Mittelalter, dessen Geschichte und mögliche Rolle in nicht allzu ferner Zukunft.

Luc Wolff, 1954 in Luxemburg geboren, studierte in den 80er Jahren Landschaftsarchitektur und später Kunst in Berlin. In seinen temporär angelegten Arbeiten untersucht Wolff die Grenzen etablierter Lebensräume. Er geht auf vorgefundene Orte ein und verändert diese auf eine leise, unspektakuläre Weise, meist mit einfachen, alltäglichen Mitteln. Durch das subtile Markieren augenfälliger Raumgrenzen im Kontext funktionaler Architektur verweist Wolff auf das Ausgegrenzte. Vermeintlich isolierte, fest definierte Orte werden nicht mehr als solche wahrgenommen. Beispielhaft hierfür ist seine Arbeit „MAGAZZINO“, die 1997 als Luxemburger Biennale-Beitrag in Venedig zu sehen war. Wolff zeigt Orte im Wandel, Orte mit flexiblen, durchlässigen Grenzen, die Veränderung zulassen oder gar generieren. Er nennt sie „Baustellen“. Eine dieser Baustellen richtet Wolff in Form eines monumentalen Dekagons (Zehnecks) aus Baugerüstelementen in der Ruine der Klosterkirche ein. Seine Arbeit greift die Apsis der Kirche formal auf und spiegelt diese räumlich. Mit seiner Installation bezieht sich Wolff sowohl auf die baulichen Besonderheiten des Raumes als auch auf dessen historische Funktion als Gotteshaus. Die Ästhetik einer realen Baustelle an diesem abgeschiedenen, verwunschenen Ort verweist zudem auf die bevorstehenden Umbauprozesse in dem umliegenden Areal des Molkenmarktes und dem Nikolaiviertel.

Patricia Detmering, 1980 in Arnstadt/Thüringen geboren, lebt und arbeitet als Bildende Künstlerin in Berlin. Bis 2015 studierte sie an der Hochschule für Bildende Künste Dresden, u. a. in der Klasse Kerbach. Detmering untersucht medienübergreifend Möglichkeiten der Irritation menschlicher Wahrnehmung. Ihren Arbeiten unterliegt die These, dass es keinen direkten Zugang zum Wesen der Dinge unserer sinnlich erfassbaren Umwelt gibt, sondern nur deren Erscheinungsform. Mit diesen Formen arbeitet Patricia Detmering, bricht sie auf, beleuchtet deren Kontexte und Konnotationen und spielt sie zurück zum Betrachter.Für die Ausstellung in der Ruine der Klosterkirche hat sie eine Videoinstallation entwickelt, die die Magie der verbliebenen, bisher nicht öffentlichen Innenräume der Kirche aufgreift und diese räumlich ausdehnt. In ihrer Arbeit „Antipod“ ist die Projektion des Himmels zu sehen, der sich von Berlin aus betrachtet auf der gegenüberliegenden Seite der Erde befindet. Im Gemäuer der Ruine der Klosterkirche simuliert Detmering hierfür ein Loch im Boden, mit dem Effekt, man würde einmal durch den kompletten Erdkern hindurch blicken. Begleitet wird ihre Arbeit durch ein Reisetagebuch dem man in den kommenden Wochen auf Instagram (www.instagram.com/patriciadetmering/) folgen kann.

Teilen