Anna-Lena Wenzel

Dr. Anna-Lena Wenzel* ist Autorin und Künstlerin. Nach ihrem Studium der Angewandten Kulturwissenschaften in Lüneburg promovierte sie über „Grenzüberschreitungen in der Gegenwartskunst“. Sie betreibt das Online-Magazin 99 % Urban und den Radiosalon für Alltägliches und ist in unterschiedlichen kollektiven Zusammenhängen unterwegs.

Sportler*innenparadies: der Fritz-Schloß-Park

30.06.2020
Fritz-Schloss-Park
Übersichtskarte am Eingang Rathenowstraße, Foto: Anna-Lena Wenzel
Fritz-Schloss-Park
Skateboardanlage am Eingang Lehrter Straße
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Denkmalgeschützes Tribünengebäude aus den 1920er Jahren vor dem Poststadion

Der Fritz-Schloß-Park besteht je zur Hälfte aus Grünflächen und Sportanlagen weshalb er zu Recht den Beinamen „Sportpark“ trägt. Das Tolle ist: hier ist für jeden etwas dabei – für Jung und Alt, Familien und Hunde, für Leistungssportler*innen wie Freizeitaktivist*innen, für Rodelbegeisterte und Minigolfer*innen. Ein Park-Porträt

Der ca. 10 Hektar große Park wird von vier Straßen umgeben, und von jeder kann man den Park betreten. Von den Eingängen führen mehrere verschlungene Wege auf die Spitze der zwei Hügel, die sich in dessen Mitte befinden. Einen ziert ein Gedenkstein des Namensgeber Dr. Fritz Schloß (1895 bis 1954). Dieser war SPD-Politiker und von 1946 bis 1952 Bürgermeister des Bezirks Tiergarten, zu dem der Park damals noch gehörte (heute befindet er sich im Ortsteil Moabit im Bezirk Mitte). Der Park selber wurde von Wilhelm Alverdes angelegt, der seit 1954 Leiter des Gartenbauamts in Tiergarten war. Dort war er verantwortlich für alle Grünanlagen des Bezirks und gestaltete ab 1955 den Fritz-Schloß-Park. Es überrascht nicht, dass Alverdes auch für die Wiederaufforstung des im Krieg zerbombten und danach nahezu abgeholzten Großen Tiergartens zuständig war, denn das „Konzept eines ruhigen, weiträumigen landschaftlichen Erholungsparks“ sowie dessen Strukturierung durch weite Wiesenflächen und waldartige Gehölze ähnelt sehr dem Fritz-Schloß-Park. [1]

Der Haupteingang befindet sich an der Rathenower Straße, hier gibt es so etwas wie einen Eingangsbereich, in dem verschiedene Schilder auf die diversen Sportstätten hinweisen und eine Übersichtskarte Orientierung verschafft. Zur rechten Hand ist eine Minigolf-Anlage inklusive kleinem Kiosk. Geht man ein Stück weiter in den Park hinein, steht dort ein quadratischer Gedenkstein mit der Inschrift: „Den Notstandsarbeitern zum Dank“. Mit Notstandsarbeitern sind die Trümmerfrauen und -männer gemeint, die nach Kriegsende die Stadt wieder aufbauten und aus den Trümmern die beiden Hügel dieses Park errichteten. So sind auf einer Seite drei Personen vor einer Trümmerkulisse zu sehen und auf einer anderen drei Personen, die einen Baum pflanzen.

Ursprünglich befand sich auf dem Areal ein Exerzierplatz inklusive Kasernen und einem Kasernenhof. Teile der Kasernengebäude, die sich in der Kruppstraße und der Lehrter Straße befinden, sind erhalten geblieben und stehen heute unter Denkmalschutz. [2]

Direkt auf der anderen Seite, im Osten, gelangt man von der Lehrter Straße in den Park. Hier war früher der offizielle Eingang zum Poststadion, wovon noch die Kassenhäuschen zeugen, die gerade frisch restauriert wurden. 1929 wurde hier eine ganze Sportanlage eingeweiht, die auch als „Volkssportstätte“ bezeichnet wurde und seit 1990 unter Denkmalschutz steht. Noch heute sind hier verschiedenste Sportanlagen versammeln: das Poststadion, das älteste Stadion Berlins, inklusive Tribüne, das von Leichtathlet*innen, Fußballer*innen, Footballer*innen und anderen genutzt wird; eine Rollsportanlage, auf der Nachwuchs-Eisläufer*innen trainieren; eine neue Kletterwand und -halle, die vom Deutschen Alpenverein betrieben wird; eine Skateranlage, die an das ehemalige Gefängnis in der Lehrter Straße grenzt, das zwar heute leer steht, dessen vergitterte Fenster aber noch von der bewegten Geschichte zeugen; eine Sport- und Ruderhalle, die früher eine Schwimmhalle war; Street-Work-Out Gerätschaften und ein Motorikparcours sowie diverse Fußballfelder.

Infostele der Fussballroute Berlin

Im Eingangsbereich, die zum Teil noch Baustelle ist, befindet sich eine Informationsstele der Fußballroute Berlin. Hier sind historische Fotos des Poststadions abgebildet, die mit erläuternden Texten ergänzt sind, auf denen besondere Sportereignisse festgehalten werden. Unter anderem erfährt man, dass hier 1935 Weltmeister Max Schmeling gegen Paulino Uzcudun boxte, 1938 die 15-tägige Deutschlandtour der Radsportler endete und der SPD-Politiker Kurt Schumacher 1946 eine Rede hielt.

Auf dem Durchgang zur Seydlitzstraße befinden sich weitere Information zur Geschichte des Sportparks. Direkt auf einer Mauer ist ein Zeitstrahl angebracht, der mit den Jahren 1926 -1929 beginnt. Zu dieser Zeit entstand „auf eine Initiative der Berliner Post-Sportvereine und -sportler […] die Mustersportanlage nach den Plänen des Architekten Georg Demmler“. Die Chronologie endet mit dem Jahr 2003, in dem „mit bezirklichen Geldern und Fördermitteln und ab 2007 aus Förderprogrammen Stadtumbau West Schritt für Schritt die Sportanlagen und Bauwerke saniert und um zusätzliche Angebote erweitert werden.“[3]

Fritz-Schloss-Park

Historischer Abriss des Sportparks

Der Eingang an der Seydlitzstraße ist ein bisschen unscheinbar, weil es rechts zum Sportbad Tiergarten geht (das zurzeit wegen Renovierungsarbeiten geschlossen ist) und sich links das Gelände des Moabiter Kinderhofs befindet. Betritt man hier den Park, muss man also erst um die Ecke biegen, um das Gefühl zu bekommen, man befinde sich in einer öffentlichen Grünfläche. Dann aber kann man auf einem der neu gemachten Wege durch den Park flanieren (oder mit dem Fahrrad fahren), der nicht nur diverse Sitzgelegenheiten und mehrere Spielplätze (natürlich inklusive Basketballkorb, Tischtennisplatten und Klettergerüsten) enthält, sondern auch eine Rodelbahn, einen Fitnessparcours, einen Hundegarten und den Moabiter Kinderhof beherbergt, der sich selbst als Spiel-, Lern- und Erlebnisort bezeichnet und sowohl Tiere als auch einen Garten enthält und verschiedene Angebote bereitstellt.

Die Rodelbahn

Der letzte Zugang zum Park, der hier beschrieben werden soll, befindet sich an der Kruppstraße und ist gar kein richtiger Eingang, sondern führt zu der weitläufigen Tennisanlage des Tennis-Club Tiergarten e.V. (schwarz-weiß), den es schon seit 1949 gibt. Auf seinem Gelände befinden sich sieben Sandplätze und zwei Hallenplätze sowie ein Clubhaus. Spektakulär ist der Amphitheater-ähnliche Center Court, der tief in die Erde eingelassen und von Zuschauerränken aus Stein umgeben ist.

Steht man an der Kruppstraße und schaut auf die Einfahrt zur Tennisanlage, gibt es zahlreiche Schilder, darunter zwei, die besonders ins Auge fallen. Auf einem schlichten, weißen Schild steht: „Geschütztruppen der 6. Batterie. Grundstück Kruppstraße 16. Denkmalgeschützter Geschützschuppen und vormalige Pferdeställe, gelegen auf dem ehemaligen Terrain des Pulverlaboratoriums, sind Bestandteil der 1878-1884 (nach Entwurf von Heimerdinger, Ausführung Appelius und La Pierre) errichteten Kasernen des 1. Garde-Feld-Artellerie-Regiments.

Das Gebiet, angelegt nach den Grundlagen des Lenné-Schinkelschen Bebauungsplanes von 1843, unterliegt wegen seiner besonderen städtebaulichen Eigenart, sowohl als bauliche Anlage als auch in seiner heutigen Nutzung, der Verordnung der Erhaltung baulicher Anlagen vom 23. Dezember 1988 gemäß post 47 Abs. 1 der Verfassung Berlin.“ Wo genau sich diese Anlage jedoch befindet bleibt genauso unklar ebenso wie die Frage, wer dieses Schild wann aufgestellt hat, da es kein Impressum gibt.

Zwei Erinnerungstafeln am Eingang zur Tennisanlage in der Kruppstraße

Rätselhaft ist auch das kleinere, schwarze Schild mit weißer Schrift in arabisch und deutsch direkt darunter. Auf ihm steht: „In Erinnerung an Hussam Fadhil Hussein. Hier wurde Hussam Fadhil Hussein am 27/09/2016 von der Berliner Polizei von hinten erschossen. Er hinterlässt eine Frau und drei Kinder. Kein Vergessen.“ Hussein war aus dem Irak geflüchtet und in der Flüchtlingsunterkluft untergebracht, die sich in der Traglufthalle des Tennisvereins befand. Er soll einen anderen Flüchtling mit einem Messer bedroht haben und wurde daraufhin von drei Polizisten erschossen. Die Zweifel an dieser offiziellen Version des Tathergangs finden auf dieser Gedenktafel ihren Ausdruck.

[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Fritz-Schlo%C3%9F-Park
[2] https://www.stadtentwicklung.berlin.de/denkmal/liste_karte_datenbank/de/denkmaldatenbank/daobj.php?obj_dok_nr=09050323
[3] Eine aktuellere Historie gibt es hier: http://www.sportparkpoststadion.de/informationen/geschichte

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